Das Projekt ist Teil der Thematischen Area 4: Geforderte Herrschaft
Zwischen dem Tod des letzten im ganzen Frankenreich akzeptierten Merowingerkönigs (Dagobert I., †639) und der herrschaftlichen Festigung durch die Karolinger Karl Martell und Pippin d. J. Mitte des 8. Jh. war Herrschaft von verschiedenen Seiten her permanent unter Druck und in Frage gestellt. Weder der Untergang der Merowinger noch der Aufstieg der Karolinger waren folgerichtige oder gar zwingende Entwicklungen im realhistorischen Sinne; es war vielmehr eine sich über Jahrzehnte erstreckende, diskontinuierliche Verschiebung realer Macht, die nicht wenig auch vom dynastischen Zufall abhing. Das Projekt verfolgt die Frage, in welcher Weise der Liber historiae Francorum diese kontingenten Prozesse darstellt und in Sinnzusammenhänge einordnet, sie zu einer knappen und eingängigen Geschichtsdarstellung verwebt und somit ein konkludentes Narrativ erschafft. Dieses Narrativ stellt nicht nur die konkrete Bewältigung von Herausforderungen herrscherlicher Macht deutend und kommentierend dar, sondern trägt – insbesondere durch die aktualisierte Zweitfassung (ca. 790) – selbst zur erinnernden Bewältigung der politischen Erschütterungen des Frankenreichs bei. Durch den Vergleich von erster und zweiter Fassung fokussiert das Projekt sowohl auf die Funktion des Narrativs in Hinblick auf Wahrnehmung und Konzeptualisierung als auch auf die Bewältigung von Herrschaftskrisen.
Stellung innerhalb der Area: Zusammen mit den Projekten ‚Frauen im Umfeld des Herrschers‘, ‚Ein Herrscher oder viele?‘, ‚Permanent in Frage gestellte Herrschaft und ihre Darstellung im Liber historiae Francorum‘, ‚Herrscher und Beherrschte im Krieg‘ nähert sich das Projekt aus unterschiedlichen Gesichtspunkten Herrscherfiguren und den in vielfältiger Weise mit diesen in Verbindung stehenden Herausforderungen. Eine große Schnittmenge besteht mit Untersuchungen, die auf verschiedene Praktiken der Herrschaftssicherung fokussieren, wie das Projekt zur Standardisierung von Fleur Kemmers.