Memoria in the Byzantine World, ca. 500–1500


Das Projekt ist Teil der Thematischen Area 1: Umsorgtes Leben

Dieses Habilitationsvorhaben widmet sich einem der grundlegenden Phänomene der byzantinischen Gesellschaft, das bisher nur vereinzelt wissenschaftliches Interesse geweckt hat: die Memoria (Gr. mnemosyna / μνημόσυνα). Wie Otto Gerhard Oexle für das westliche Mittelalter festgestellt hat, war Memoria auch in Byzanz ein „totales soziales Phänomen“ (Marcel Mauss), das auf alle Bereiche der Gesellschaft wirkte, neben der Wirtschaft und Familienleben auch auf die Politik.

Im Grunde genommen funktioniert Memoria als Sammelbegriff, der die Ideen und Praktiken der Byzantiner für die Kommemoration sowie das Gedenken an die Toten umfasst. Diese Praxis bestand in Gedenkgebeten, Totenmessen und -mählern und Verteilungen an die Armen und Bedürftigen. Wenngleich die vielen monastischen Urkunden aus byzantinischen Klöstern am ausführlichsten über die Gedenkpraktiken berichten, bieten auch andere Quellengattungen wie kanonisches und weltliches Recht, Hagiographie und Theologie wertvolle Einblicke in das Totengedenken, von den Sachzeugnissen ganz zu schweigen.

Obwohl die Memoria in der Mediävistik schon gut erforscht ist, was zum Teil auch für die Islamwissenschaften und Slawistik gilt, liegt bisher in der Byzantinistik kaum eine Untersuchung auch nur kleineren Umfangs dieser Art vor. Daher wird mit „Memoria in the Byzantine World, ca. 500-1500” diese Forschungslücke gefüllt. Dabei sollen nicht nur neue Einblicke in eine wichtige Praxis der byzantinischen Gesellschaft gewonnen, sondern auch unser Verständnis des byzantinischen Alltagslebens bereichert und differenziert werden. 

Stellung innerhalb der Area: Aspekte der Kommemoration spielen auch bei den Arbeiten von Kerstin P. Hofmann (Letzte Dinge) und Anne Sieverling (Lipari) eine wichtige Rolle. Da Vergangenheitsbezug als ein potentieller Resilienzfaktor im Verbundprojekt von Alexandra W. Busch et al. (Resilienzfaktoren) ebenfalls diskutiert wird, sind auch hier wichtige Anknüpfpunkte.

Kooperationspartner: Leibniz-WissenschaftsCampus – Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz/Frankfurt; ERC Starting Grant MAMEMS (uni-mainz.de) “Mount Athos in Medieval Eastern Mediterranean Society: Contextualizing the History of a Monastic Republic (ca. 850-1550)”

Projektaktivitäten:

Chitwood, Zachary (2021): Dying, Death and Burial in the Christian Orthodox Tradition: Byzantium and the Greek Churches. In: Philip Booth and Elizabeth Tingle (Hg.): A Companion to Death, Burial and Remembrance in Late Medieval and Early Modern Europe, c. 1300–1700. Brill’s Companions to the Christian Tradition. Leiden: Brill 2020 [printed], 2021 [copyright]). S. 199–224.